Europäischer Binnenmarkt: Grundlagen

Europäischer Binnenmarkt: Grundlagen
Europäischer Binnenmarkt: Grundlagen
 
Am 1.1.1993 trat die Vereinbarung über den Europäischen Binnenmarkt in Kraft; seitdem ist die EG ein Raum ohne Binnengrenzen. Art. 8 EWG-Vertrag sah bereits die Errichtung eines gemeinsamen Markts bis zum 1.1.1970 vor. Neben den beiden Merkmalen einer Zollunion, der Einführung einheitlicher Außenzölle und dem Abbau der Zölle innerhalb der EG zur Verwirklichung der Mobilität von Gütern und Dienstleistungen war außerdem die Beseitigung von Hemmnissen, die die Mobilität der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital beeinträchtigen, vorgesehen. Bei der Verwirklichung dieser Liberalisierungsmaßnahmen wurden zwar Fortschritte erzielt, dennoch blieb der gemeinsame Markt unvollkommen und uneinheitlich.
 
 Die Errichtung des Europäischen Binnenmarkts
 
Die Beseitigung weiterer zwischenstaatlicher Beschränkungen und bestehender Handelshemmnisse bis 1992 war deshalb eine der Zielsetzungen der am 1.7.1987 in Kraft getretenen Einheitlichen Europäischen Akte (EEA). Ein Anstoß für diese erneute Integrationsmaßnahme ging vom Cecchini-Bericht (1988) aus, der erhebliche Wachstums- und Beschäftigungseffekte bei der Verwirklichung des Europäischen Binnenmarkts prognostizierte.
 
Infolge der Liberalisierungsmaßnahmen herrscht seit 1993 zwischen den Marktbürgern der EG rechtlich die Freiheit des Personen-, des Waren-, des Dienstleistungs- sowie des Kapitalverkehrs, die als die vier Grundfreiheiten (»vier Freiheiten«) bezeichnet werden. Die phasenweise Einführung der gemeinsamen Währung Euro im Rahmen der Europäischen Währungsunion (EWU) zum 1.1.1999 trägt zur Vollendung des Europäischen Binnenmarkts bei. Weiterhin existieren aber kulturelle und sprachliche Barrieren. Außerdem entstehen durch steuerliche Hindernisse Verzerrungen im Handel und im freien Kapitalverkehr. Mit der gemeinsamen Währung erfolgte aber ein wichtiger Schritt zur völligen wirtschaftlichen Integration der EU-Staaten, von der positive Impulse für das Wirtschaftswachstum erwartet werden.
 
 Die vier Grundfreiheiten des EU-Binnenmarkts
 
Die Dienstleistungsfreiheit bedeutet die Liberalisierung der Erbringung von Dienstleistungen; dazu zählen z. B. Versicherungsabschlüsse, Beratungstätigkeiten und andere Serviceleistungen im Europäischen Binnenmarkt. Zum einen dürfen Selbstständige sich überall in der EU niederlassen, um ihre Dienstleistungen zu erbringen (Personenverkehrsfreiheit); zum anderen dürfen diese in der EU über die Grenzen hinweg angeboten werden.
 
Der freie Warenaustausch innerhalb der Staaten der EU wird im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit gewährleistet. Ziel ist es dabei, über die Öffnung der nationalen Märkte das Produktangebot auf allen Märkten zu verbessern und zu erweitern sowie knappe Güter sogar zu verbilligen. Sowohl Zölle als auch mengenmäßige Beschränkungen wurden in der EG bis 1968 abgeschafft, tarifäre und teilweise auch nicht tarifäre Handelshemmnisse also untersagt.
 
Mit der Einführung des Europäischen Binnenmarkts wurden viele noch bestehende rechtlichen Hemmnisse und unterschiedliche technischen Normen harmonisiert. Neben dieser Rechtsangleichung, die mit einer immer stärkeren Bestimmung nationaler Vorschriften aus Brüssel und mit neuen Handelshemmnissen verbunden wäre, gibt es mittlerweile aber eine Abkehr von der völligen Harmonisierung. Nationale Vorschriften oder Normen, die sich nicht auf wesentliche Gesundheits- oder Sicherheitserfordernisse beziehen, werden gegenseitig anerkannt. Die Kontrolle der Produkte findet im Herkunftsland statt, ansonsten dürfen sie in jedem EU-Land angeboten werden. Im Zuge des zunehmenden Wettbewerbs haben sich so bereits viele Standards angeglichen, ohne die Produktvielfalt zu mindern. Weiterhin gelten gleiche Mindestvorschriften, die etwa die Kennzeichnung von Produkten betreffen. Im Zuge der Kapitalverkehrsfreiheit unterliegen auch Kapitalflüsse zwischen den Mitgliedstaaten keinerlei Beschränkungen. Bereits in den 60er-Jahren wurde der Devisenverkehr liberalisiert, also Konvertibilität, d. h. die Umtauschbarkeit einer Währung in fremde Währungen zum jeweiligen Wechselkurs, gewährleistet. Aufgrund der Währungskrisen Anfang der 70er-Jahre wurde die Verwirklichung der Kapitalverkehrsfreiheit erst einmal gebremst. Doch mit der ersten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) wurde der Kapitalverkehr in der EU zum 1.7.1990 vollständig liberalisiert sowie die Fiskal- und Geldpolitik verstärkt koordiniert; Ausnahmeregelungen galten zunächst noch für Spanien, Portugal, Irland und Griechenland.
 
Im Rahmen der Personenverkehrsfreiheit genießen alle EU-Bürger das Recht, sich in jedem Land der EU aufzuhalten, einen Beruf auszuüben und dort zu verbleiben. Arbeitnehmer haben dabei seit 1957 das Recht, in jedem Land der EU zu leben und zu arbeiten (Freizügigkeit). Mit der Errichtung des Europäischen Binnenmarkts dürfen Selbstständige seit 1992 ebenfalls in jedem Land tätig werden (Niederlassungsfreiheit); kein Unionsbürger darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit benachteiligt werden (Diskriminierungsverbot).

Universal-Lexikon. 2012.

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